Bei Stadtklima-Konferenz ging es heiß her

Ratheiser_Matthias_Weatherpark

Matthias Ratheiser, GF Weatherpark

Matthias Ratheiser, Geschäftsführer von Weatherpark, berichtet von der internationalen Stadtklima-Konferenz in Toulouse.

Sie waren bei der jüngsten „International Conference on Urban Climate“, kurz ICUC, in Frankreich dabei. Worum geht es bei dieser Konferenz?
500 Stadtklimaforscher von fünf Kontinenten tauschten sich in Form von Vorträgen, Diskussionsrunden und Workshops aus.

Zu welchen Themen?
Generell geht es um die Entwicklung städtischer klimarelevanter Prozesse, im Besonderen um städtische Wärmeinseln, Vegetation in der Stadt und Luftqualität. Es wurde zum Beispiel ein mögliches Bewässerungsmanagement von Bäumen in Zeiten großer Hitze und einhergehender Trockenheit besprochen. Und der Einfluss einer Stadt auf das Wetter, insbesondere Gewitter. Oder die Vernetzung von verschiedensten Temperatursensoren, was noch Zukunftsmusik ist.

Was wollen die Wissenschaftler und Experten damit erreichen?
Ziel ist, dass sich die Menschen in punkto Sonneneinstrahlung, Temperatur, Wind und Durchlüftung wohl fühlen. Sie forschen nach Maßnahmen, um lebenswerte Räume zu schaffen. Dieses Thema gewinnt in Folge des globalen Klimawandels zunehmend an Brisanz.

Haben diese Forschungen schon Ergebnisse gebracht?
Es gibt laufend neue Erkenntnisse. Dabei wird mit verschiedenen Modellen gearbeitet, um herauszufinden, welchen Einfluss verschiedene Faktoren auf das Klima haben.

Welche Faktoren können das sein?
Die Helligkeit von Materialien zum Beispiel. Man simuliert, dass alle Dächer einer Stadt weiß wären und untersucht den Effekt auf die Temperatur in der Stadt.

Kann so ein Modell auch in der Praxis umgesetzt werden?
Für eine ganze Stadt können die Maßnahmen  – die in einem Modell simuliert werden – eher selten umgesetzt werden. Aber man kann neue Bauprojekte so planen, dass der Humankomfort hoch ist: eben durch die Verwendung von hellen Materialien auf den Boden- und Gebäudeflächen, weiters durch Beschattungsmaßnahmen, strategisch positionierte Wasser- und Grünflächen etc. So heizen sich Immobilien und Freiflächen untertags weniger auf, was wiederum zu niedrigeren Temperaturen in der Nacht führt.

Sind die Temperaturen in der Nacht relevant? Dann ist es doch sowieso kühler…
Es ist zwar kühler als untertags, aber meist nicht kühl genug, um gut schlafen zu können. Und man hat herausgefunden, dass der Schlaf entscheidend für die Lebensqualität ist. Und umso weniger sich eine Stadt untertags aufheizt, umso kühler ist es dann auch in der Nacht.

Wodurch wird das Klima in der Stadt noch beeinflusst?
Die Durchlüftung spielt eine wichtige Rolle, also dass frische kühle Luft in die Stadt hineinfließen kann und diese nicht von hohen Gebäuden gestoppt wird.

Hier sind wohl die Stadtplaner gefragt. Arbeiten die Städte schon regelmäßig mit Meteorologen zusammen?
Teilweise ja. Wir von Weatherpark wünschen uns natürlich noch mehr Interaktion. Es wäre schön, wenn es mehr reale und virtuelle Plätze gibt, wo sich Stadtplaner, Immobilienentwickler, Architekten und Meteorologen regelmäßig austauschen und gemeinsam eine Strategie oder einen Plan entwickeln.

Und wie kann so eine Zusammenarbeit im Einzelfall aussehen?
Kooperationen können schon vor der eigentlichen Planung von Plätzen, Gebäuden oder Stadtteilen beginnen. Meteorologen untersuchen das zu bebauende Gebiet und geben Empfehlungen zu der Ausrichtung und Gestaltung von Immobilien und Freiflächen. Sobald es dann konkrete Pläne gibt, können diese noch im Detail optimiert werden. Schattenspendende Bäume an den richtigen Stellen, zugängliche Wasserflächen und eine sanfte Brise können die Hitze gleich viel angenehmer machen.  Am Ende sind die Gebäude und Plätze so gestaltet, dass sich die Bewohner und Passanten auch bei über 35 °C wohlfühlen.

So heiß wird es in Mitteleuropa doch nur selten…
Immer öfter! In Wien hatten wir im Sommer 17 Tage mit über 35 °C. Und alle haben unter der Hitze gestöhnt. Der Klimawandel ist in vollem Gang, das haben wir heuer gespürt. Aber mit den richtigen Anpassungsmaßnahmen bleiben auch unsere Städte lebenswert!